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07
Mai
2025
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REVIEW KINO: „Guns Up“
On 07, Mai 2025 | In Projekte | Von
Ein Ex-Cop und nun Schuldeneintreiber für das organisierte Verbrechen in New Jersey muss im Laufe einer Nacht seine Familie in Sicherheit bringen, nachdem ein Job aus dem Ruder gelaufen ist.
FAST FACTS:
• Actionkomödie mit dem schwer beliebten „Kaufhaus Cop“ und „King of Queens“-Star Kevin James und Christina Ricci als schlagkräftige Ehefrau und Mutter
• Drehbuch und Regie stammen von dem australischen Direct-to-Video-Spezialisten Edward Drake („Detective Knight“, „American Siege“, „Gasoline Alley“)
• Produziert u. a. von Millennium Films, dem Studio hinter der „The Expendables“-Reihe, dem „Has Fallen“-Franchise und den beiden „Killer’s Bodyguard“-Filmen
• Kinostarts zunächst in Deutschland und Spanien, ein US-Starttermin ist noch nicht bekannt
CREDITS:
O-Titel: Guns Up; Land/Jahr: USA 2025; Laufzeit: 92 Minuten; Drehbuch: Edward Drake; Regie: Edward Drake; Besetzung: Kevin James, Christina Ricci, Luis Guzmán, Melissa Leo; Verleih: Splendid Film/24 Bilder; Start: 12. Juni 2025
REVIEW:
Kevin James hat sich selbst einmal als „eine Art Bruce Willis, nur viel dicker“ bezeichnet, womit der „King of Queens“ sagen wollte, dass er in der „Der Kaufhaus Cop“ einen Underdog spielt, der in eine „Stirb langsam“-ähnliche Situation gerät. Vielleicht lieferte dieser Witz die Idee für den neuen Film von Edward Drake, der in den letzten vier Jahren ausschließlich mit Bruce Willis zusammengearbeitet hat, neun B-Movies mit ihm drehte, angefangen von der „Detective Knight“-Trilogie über „Gasoline Alley“ bis hin zu „Cosmic Sin – Invasion im All“, der dem Star am Ende seiner Karriere auch noch eine Goldene Himbeere einbrachte (die nach Bekanntwerden seiner Aphasie-Diagnose zurückgezogen wurde). Jedenfalls gibt nun Kevin James mit gleichem Haarschnitt und etwas fülligerer Figur den wortkargen Actionhelden in „Guns Up“, der zunächst in Deutschland in die Kinos kommt, wo sich der Schauspieler weiterhin ebenso großer Beliebtheit erfreut wie seine legendäre Sitcom.

Ansonsten unterscheidet sich nicht allzu viel von Edward Drakes bisherigem Streaming-Content, der sich durch einen beliebigen Look, eindimensionale Figurenzeichnung und eine Action-Choreografie mit bisweilen makabrer Brutalität auszeichnet, von der hier selbstironische Verweise auf filmische Vorbilder („Kap der Angst“, „John Wick“) ein wenig ablenken. Das Drehbuch wird bereits in den ersten Minuten von Faustschlägen und reichlich Munition so heftig durchlöchert, dass man gar nicht auf die Idee kommt, die Logik zu hinterfragen. Oder warum es in den Straßen von New Jersey nur Gangster gibt, aber keinen einzigen Cop, abgesehen von Kevin James‘ Protagonisten, der allerdings den Polizeidienst an den Nagel hängt, wie man aus einer actionreichen Rückblende zu Beginn erfährt, die sowohl an „Lethal Weapon“ als auch an den kürzlich erschienenen, gar nicht so guten Netflix-Thriller „Havoc“ mit Tom Hardy denken lässt. Ray Hayes bewirbt sich mit einem Prügeltest beim organisierten Verbrechen, wo ihm ein höheres Gehalt und eine Krankenversicherung mit Zusatzleistungen/Zahnersatz winken, und arbeitet sich innerhalb von fünf Jahren zum besten Schuldeneintreiber weit und breit hoch. Seine volljährige Tochter Siobhán (Keana Marie) und sein jüngerer Sohn Henry (Leo Easton Kelly) dürfen davon auf keinen Fall etwas erfahren, während seine Frau Audrey (Christina Ricci) gegen die Berufswahl ihres Mannes keine Einwände hat, denn sie braucht das Geld, um den gemeinsamen Traum vom eigenen Diner zu verwirklichen.

Gegenüber seiner raubeinigen Auftraggeberin Michael (Melissa Leo) und deren rechter Hand Ignatius (Luis Guzmán) stellt Ray von Anfang an klar: „Eins will ich klarstellen, ich bin keiner von Euch“, obwohl man ihm einzureden versucht, dass ihn seine Arbeit nicht zu einem schlechten Menschen, sondern zu einem guten Vater macht und sich der Vollzeitjob kaum von seiner früheren Tätigkeit unterscheidet. „Mike“ und „Iggy“ zitieren Napoleon und John Quincy Adams und halten sich für eine bessere Klasse von Kriminellen, weil sie unter anderem einen Ehrenkodex haben, der verlangt, von der Schusswaffe erst Gebrauch zu machen, wenn der Feind das Messer zieht. Gemeint ist der einäugige Mafiosi Lonny Castigan (Timothy V. Murphy), dessen Leute „wie Low-Budget-Action-Statisten aussehen“ und Anweisungen wie „Geht da rein, tötet sie alle!“ befolgen. Sein Auftauchen führt zu einem frühen Wendepunkt in der Geschichte, an dem eine vermeintliche Hauptfigur von der Bildfläche verschwindet, was den Mann mit der Augenklappe zum neuen Boss macht. Für den kommt eine ordentliche Kündigung nicht in Frage, als Ray sein Verbrecherdasein aufgeben will, nachdem Audrey einen Mietvertrag für das geplante Familienrestaurant unterschrieben hat. Infolgedessen und aufgrund eines verpfuschten Auftrags werden Ray, seine Frau und seine ahnungslosen Kinder zur Zielscheibe, und ihnen bleibt eine Nacht, um dieses Problem zu lösen.

Zum Glück gibt es Christina Ricci, die erst schwer vernachlässigt und wie ein Ersatz für Leah Remini wirkt (die Paardynamik erinnert durchaus an „King of Queens“), in der zweiten Hälfte jedoch eine überzeugende Kick-Ass-Performance nach dem Vorbild von Uma „The Bride“ Thurman abliefert und auch das Versprechen einer Actionkomödie einlöst, wofür bis dahin vorwiegend Rays Sidekick, sein bromantischer „Partner“ Danny (Francis Cronin) zuständig war. Riccis Figur überrascht die eigene Familie mit Tiefgang, reißt Kevin James aus seiner Trägheit, dem man den harten Schlägertypen eher abnimmt als den fiesen Neonazi in „Becky“. Alles prallt an ihm ab, Kugeln, Fäuste, Humor, Emotionen. Dabei kämpft Ray um Anstand, Moral und Ehre – der Kodex, auf den das Drehbuch immer wieder zurückkommt und dafür jedes Küchenmesser und Fleischerbeil einsetzt, ist wie der blutrote Faden der Geschichte, es dauert allerdings eine Weile, bis daraus tatsächlich eine Erzählung gestrickt wird. Das ist nicht so komisch, wie der Film zu sein glaubt, andererseits will er gar nicht smarter oder origineller sein, als es das Genre verlangt, was gut zur bodenständigen Bescheidenheit des Hauptdarstellers passt, der allen anderen den Vortritt lässt, selbst den Kids, die am Ende dann doch die berechtigte Frage stellen, wer eigentlich die Leichen wegräumt. „Ich hoffe, dass ,Guns Up‘ den Zuschauern auf der ganzen Welt mit jedem Kopfschuss ein wenig Freude bereitet“, sagte Edward Drake in einem Interview – auf jeden Fall kommen Action- und Bruce-Willis-Fans hier mehr auf ihre Kosten als bei seinen letzten drei oder vier Filmen.
Corinna Götz
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